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Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät, Band 116 (2013)

 

Technik – Sicherheit – Techniksicherheit

5. Symposium des Arbeitskreises Allgemeine Technologie der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin und des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse des Karlsruher Instituts für Technologie am 16. November 2012 in Berlin

 

Hrsg. von Gerhard Banse & Ernst-Otto Reher

 

 

 

lieferbar

 

 

[= Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät, Bd. 116], 2013, 163 S., ISBN 978-3-89626-986-7, 19,80 EUR

 

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Inhaltsverzeichnis

 

Gerhard Banse: Geleitwort    5

Gerhard Banse, Ernst-Otto Reher: Einleitung 9

Lucia Belyova, Gerhard Banse: Sicherheit und Sicherheitskultur   21

Wolfgang Fratzscher: Über die Sicherheitskultur bei Kernkraftwerken   33

Norbert Mertzsch: Sicherheitsaspekte beim Rückbau des KKW Rheinsberg   51

Dieter Seeliger: Fukushima – bisherige Lehren aus der Katastrophe über die Sicherheit von Kernkraftwerken    59

Ernst-Otto Reher: Überwachung und Qualitätssicherung fluider, strukturierter Erzeugnisse aus Produktionsanlagen, dargestellt am Beispiel der Kunststofftechnologie 79

Christian Kohlert: Sicherheit gegen Produktfälschung   99

Dietrich Balzer: Die gegenwärtige und zukünftige Rolle der Automatisierungs- und Kommunikationstechnik in der Sicherheitswirtschaft   111

Mukayil Kilic, Klaus Fuchs-Kittowski: Sicherheitsrisiken und Vermeidungsverhalten im Fall der modernisierten und neuen Informationsquellen bei der Lenkung und Remotefunktionenvon Fahrzeugen - Zusammenfassung  123

Annely Rothkegel: Sicherheitskommunikation: Kommunikationskulturen im Kontext der Techniknutzung   125

Martin Endreß, Benjamin Rampp: Vertrauen in der Sicherheitsgesellschaft   145

Ernst-Otto Reher, Gerhard Banse: Schlusswort    161

 

Gerhard Banse Eröffnung

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich begrüße Sie im Namen der Veranstalter - der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin und ihres Arbeitskreise „Allgemeine Technologie" sowie des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse des Karlsruher Instituts für Technologie - ganz herzlich zum Symposium „Technik - Sicherheit - Techniksicherheit".

Dieses Symposium ist das fünfte seiner Art, initiiert und organisiert in den zurückliegenden 11 Jahren durch den Arbeitskreis „Allgemeine Technologie". Waren die ersten drei eher inhaltlich-konzeptionellen Aspekten der Allgemeinen Technologie im engeren Sinne gewidmet:

Allgemeine Technologie - Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft (2001),

Fortschritte bei der Herausbildung der Allgemeinen Technologie (2004) und

Allgemeine Technologie - verallgemeinertes Fachwissen und konkretisiertes Orientierungswissen zur Technologie,

so wandte sich das 4. Symposium im Jahre 2010 mit „Ambivalenzen von Technologien - Chancen, Gefahren, Missbrauch" einer gesellschaftlich relevanteren Thematik zu. Das diesjährige und 5. Symposium nun hat eine zentrale Thematik zum Gegenstand: „Sicherheit". Zunächst abgesehen davon, dass „Sicherheit" ein schillernder, facettenreicher und ubiquitär verwendeter Begriff ist: Generell wird damit ein Zustand der Gewissheit, der Zuverlässigkeit und des Unbedrohtseins erfasst (auch wenn das stets nur „relativ" ist). Und: Ungewissheiten, Unzuverlässigkeiten sowie Bedrohungen gibt es zahlreich^) - auch oder gerade im Zusammenhang mit technischen Hervorbringungen. Lassen Sie mich nur zwei Ereignisse nennen, wobei das zweite heute noch mehrfach Gegenstand der Betrachtung sein wird:

1. Am 14. April 1912 - also vor gut 100 Jahren - kollidierte auf „ihrer Jungfernfahrt [...] die Titanic gegen 23:40 Uhr etwa 300 Seemeilen südöstlich von Neufundland seitlich mit einem Eisberg und sank zwei Stunden und 40 Minuten nach dem Zusammenstoß im Nordatlantik. Obwohl für die Evakuierung mehr als zwei Stunden Zeit zur Verfügung standen, starben zwischen 1490 und 1517 der über 2200 an Bord befindlichen Personen -hauptsächlich wegen der unzureichenden Zahl an Rettungsbooten und der Unerfahrenheit der Besatzung [H.d.V.; G.B.] im Umgang mit diesen. Wegen der hohen Opferzahl zählt der Untergang der Titanic zu den großen Katastrophen der Seefahrt."1

2. Am 11. März 2011 um 14:47 Uhr (Ortszeit) kam es im Zusammenhang mit dem Tohoku-Erdbeben kam es zu schweren Störfällen in vier von sechs Reaktorblöcken des japanischen Kernkraftwerks Fukushima Daiichi: „In Block 1 bis 3 kam es zu Kernschmelzen. Große Mengen an radioaktivem Material [...] wurden freigesetzt und kontaminierten Luft, Böden, Wasser und Nahrungsmittel in der land- und meerseitigen Umgebung. Ungefähr 100.000 bis 150.000 Einwohner mussten das Gebiet vorübergehend oder dauerhaft verlassen. Hunderttausende in landwirtschaftlichen Betrieben zurückgelassene Tiere verendeten."2

Allein die öffentliche Diskussion und mediale Reaktion auf diese beiden katastrophalen Ereignisse machen deutlich, dass die Sicherheit technischer Handlungsvollzüge und technischer Hervorbringungen als weitgehender Ausschluss oder als bewusstes Handling von Risiken in den handlungsleitenden Wertvorstellungen technischer Welterzeugung einen herausragenden Platz einnimmt.

Mehr noch: Sicherheit ist ein zentrales Konzept in Gesellschaft, Wissenschaft und Technik. In einer mir gerade zugesandten Broschüre des BMBF heißt es deshalb (vor dem Hintergrund des BMBF-Rahmenprogramms „Zivile Sicherheit") auch: „Ein wichtiges Ziel des neuen Rahmenprogramms besteht darin, die Bevölkerung auch zukünftig adäquat auf den Umgang mit Risiken vorzubereiten und in akuten Katastrophenfällen wirksam und umfassend zu schützen. Auf dem BMBF-Innovationsforum wurden daher auch die gesellschaftlichen Aspekte der zivilen Sicherheitsforschung eingehend erörtert. Zentrale Fragestellungen dazu lauteten: Welche Lösungen eignen sich für die Erhöhung der zivilen Sicherheit in einer offenen und demokratischen Gesellschaft? Wie kann die Risikokommunikation für die Prävention und Bewältigung von Katastrophen ausgebaut werden? Welche Rolle spielen dabei die alten und die neuen Medien, wie etwa Soziale Netzwerke im Internet? Wie können Schutzziele definiert werden und wie geht eine Gesellschaft, in der bereits hohe Sicherheitsstandards existieren, mit Restrisiken um?" (BMBF 2012, S. 3).

Geprägt wird das Konzept „Sicherheit" nicht nur von unterschiedlichen Begriffsauffassungen, Kommunikationsstrategien und kulturellen Aspekten, sondern es stellt auch ein inter- und transdisziplinäres Forschungsfeld dar (vgl. Banse et al. 2009). Deshalb hatte ich in meiner Rede auf dem Leibniztag 2012 im Zusammenhang mit möglichen zukünftigen Arbeitsfeldern der Leib-niz-Sozietät auch ausgeführt: „Trotz - oder gerade - wegen dieser Ubiquität von Sicherheit bietet sich hier eine Thematik an, die hinsichtlich Wahrnehmung, Bewertung, Kommunikation und Management sicherheitsbeeinflus-sender Bedingungen und Mechanismen Interdisziplinarität geradezu herausfordert, geht es doch gleichermaßen um kognitive, normative und pro-zedurale, um deskriptive wie präskriptive Statements" (Banse 2012, S. 33).

In dem heutigen Symposium werden (auch) deshalb Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen (sowohl der Natur- und Technik- als auch der Sozial- und Geisteswissenschaften) ihre Forschungsergebnisse zum Thema (Technik-)Sicherheit mit dem Ziel diskutieren, gemeinsame Forschungsansätze vor allem zu „direkter" Techniksicherheit, aber auch zu Sicherheitskommunikation und Sicherheitskulturen zu entwickeln.

Ich bedanke mich schon jetzt - „vorab" - sowohl bei den Initiatoren und Organisatoren dieses Symposiums - vor allem bei Ernst-Otto Reher und Heinz-Jürgen Rothe von der Leibniz-Sozietät sowie Bettina-Schmidt-Leis vom ITAS in Karlsruhe - als auch bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die das Symposium finanziell unterstützt.

 

 

Literatur

Banse, G. (2012): Bericht des Präsidenten an den Leibniztag 2012. In: Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften, Bd. 114, S. 9-34

Banse, G.; Rothkegel, A.; Renn, O. (2009): Interdisziplinäre Sicherheits- und Risikoforschung. In: Winzer, P.; Schnieder, E.; Bach, F.-W. (Hg.): Sicherheitsforschung - Chancen und Perspektiven. München (acatech), S. 155-170

BMBF (Hg.): BMBF-Innovationsforum „Zivile Sicherheit". Sicherheit in einer offenen Gesellschaft. Konferenzergebnisse vom 17. bis 19. April 2012, Berlin. Bonn 2012 (auch unter http://www.bmbf.de/pub/innovationsforum_zivile_sicherheit_2012.pdf verfügbar)

Fußnoten

 

1 http://de.wikipedia.org/wiki/RMSTitanic.

2 http://de.wikipedia.org/wiki/Nuklearkatastrophe_von_Fukushima.