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Schwanitz, Wolfgang G.

 

“Islam in Europa, Revolten in Mittelost. Islamismus und Genozid von Wilhelm II. und Enver Pascha über Hitler und al-Husaini bis Arafat, Usama Bin Ladin und Ahmadinejad sowie Gespräche mit Bernard Lewis”, 2013 [= Amerika - Mittelost - Europa. Regionalhistorische Komparatistik: Politik, Wirtschaft, Militär und Kultur, Band 2], 2014, 2. Auflage, 783 S., 150 Abb., 100 Dok., ISBN 978-3-86464-018-6, 96,80 EUR

Stimmen zum Buch:

"Glückwunsch zu Ihrer verlegerischen Leistung, das Buch wird ein Longseller!"
Dr. Eckhard Bieger, Chefredakteur von "explitzit.net, das
katholische Portal für den deutschen Sprachraum", am 09. Oktober 2013 an den Verlag

"Wolfgang G. Schwanitz's book Islam in Europa, Revolten in Mittelost is endlessly fascinating. Many books in one and each one full of information and insight. The fruit of vast research."

 
Professor Emeritus Lionel Gossman, Author of "The Passion of Max von Oppenheim"
Princeton New Jersey, July 19, 2013

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Inhalt


Fünf vor Zwölf IX

1 Gesprächsecho 1

2 Wilhelms Islampolitik 59

3 Hitlers Islampolitik 139

4 Islamismus im Kalten Krieg 205

5 Islamismus in der Globalära 299

6 Revolten in Mittelost I 341

7 Revolten in Mittelost II 383

8 Millenniumsgespräche 467

9 Kaiser und Kalif 513

10 Bernard Lewis – Vita und Werk 553

Siglen der benutzen Archive und Privatsammlungen 583

Abbildungsnachweis 585

Dokumentennachweis 587

Endnoten 589 Literaturauswahl: Amerika, Europa, Deutschland, Islamismus, Mittelost 681

Index 747

Über den Autor 781

 

Fünf vor zwölf

 

Dieses Buch lotet den Islam in Europa  und die Revolten in Mittelost aus. Einer angelsächsischen Art folgend, zählt zur Region "Mittelost" stets auch "Nahost". Dabei geht es um die Räume in Nordafrika, West- und Mittelasien, die gleichermassen und vorranging durch den Islam geprägt worden sind. Und umgekehrt sind viele Aussagen auf West- und Mitteleuropa bezogen. In Osteuropa ist die Entwicklung und Lage etwas anders, aber nicht so verschieden, dass es hier völlig ausgeklammert werden sollte oder könnte.

   Die Wahlsiege der Islamisten in Mittelost führten zu einer gefährlichen Weltlage. Ihr National- und Globalislamismus geht in Amerika, Mittelost und Europa um. Ich erhelle das Werden dieser Ideologie. In dreihundert Jahren wollten Islamisten ihren je "wahren"  Islam vor der euroamerikanischen Moderne bewahren und ihre Herrschafts- und Weltmachtansprüche umsetzen. Sie sind nun einen grossen Schritt weiter gekommen. Obzwar sie ein Spektrum von Salafisten über Moderate bis Modernisten aufweisen, eint sie das Streben nach Islamstaaten mit mehr oder weniger Sharia. Sie suchen globale Unionen im Sultanat, Emirat oder Kalifat. Dabei betreiben sie offene und verdeckte Jihadarten gegen Andere wie  Liberalmuslime.

   Viel berichten die Medien dazu. Niemand hat indessen systematisch Zusammenhänge zwischen den drei Erdregionen erforscht. Hier erfährt der Leser drei Neuheiten. In den jüngsten beiden Jahrhunderten wird erhellt, wie der Islamismus in Europa und in Mittelost aufkam, wie ihn die Berliner Islampolitik gegen die Rivalen in der Welt- und Kriegspolitik in Mittelost benutzt hat. Dies zeige ich im deutschen Fall in einem ersten Überblick anhand der Beziehungsgeschichte zwischen Amerika, Mittelost und Mitteleuropa.

   Die engere Synopse erfasst über 100 Jahre zwischen 1896, als der Kaiser seine Berliner Islampolitik ersann, bis 2012, als das Revoltenjahr in Mittelost im Wahlsieg der Islamisten endete. Das Buch lotet erstmals die Islampolitik der deutschen Reiche und Republiken aus: im Kaiserreich, in der Weimarer Zeit, in Weltkriegen, im Kalten Krieg bis in die Gloablära. Dies ist eine knappe Umschau zu den tiefen Linien der fünf Perioden. Sie führen zum Islamismus in Europa und den Revolten in Mittelost. Auch in der Globalära sind sie beunruhigend, geht es doch nicht nur um die Verbindungen von Islamismus und Genozid in den beiden Weltkriegen oder wie Deutsche und Osmanen sowie Nazis und Islamisten dies benutzten. Sondern auch um die Gegenwart, zumal gewisse Wiederholbarkeiten nicht ausgeschlossen sind.

   Da ich dies seit drei Dekaden in der regionalhistorischen Komparatistik erforsche, flossen meine Befragungen von zwei Dutzend Kollegen als Zeitzeugen ein. Um Tiefe und Spannbreite im Islamismus darzustellen, bezog ich auch ein Dutzend Gespräche mit ein, die ich mit dem Princetoner Islam- und Mittelosthistoriker Bernard Lewis seit 1991 periodisch und dann seit dem Millennium jährlich geführt habe.

   Der Fokus dieser Millenniumsgespräche, darunter 2004 bis 2008 in der Berliner "Die Welt" mit der These "Europa wird islamisch" jährlich edierte, liegt darauf, was Islamismus in Europa und Mittelost bedeutet. Da diese Gespräche in Auszügen oder voll in bis zu einem Dutzend Sprachen übertragen und weltweit besprochen worden sind, schoben sie mit einen globalen Diskurs an. In diesem Buch geht es vorrangig um Europa und Mittelost, und wo nötig, auch um Amerika - also um ein welthistorisches Regionaldreieck.

   Im ersten Kapitel geht es um die amerikanische und europäische Resonanz auf die Lewis-Gespräche bis 2008. Es umreisst das Gesprächsecho aus der jüngsten Islamdebatte zum "islamischen Europa bis 2100". Da ein Manko in der solide erforschten Beziehungsgeschichte besteht, stellte ich dieses Echo in die Vergleichsgeschichte von Beziehungen zwischen Mittelost und Mitteleuropa, namentlich zwischen dem deutschen Mitteleuropa und dem arabischen Mittelost. Das betrifft auch die Berliner Geschichte mit dem Islamismus.

   Die These der Islamisierung Europas löste ein breites Echo aus. Da Lewis 1916 in London geboren wurde, wird Englands Lage kurz berührt. Auch dort geht der Shariaislam um. Weltweit ist es "fünf vor zwölf": Demokratien sind belagert. Eine heftige Debatte läuft um Islamismus, aber wenige äussern sich frei. Islamisten bedrohen die Bürger. Dies ebenso in Deutschland, wo Demokraten das grosse Wirrwar erfasste. Einige setzten sich gar an die Spitze der Islamisierung, als gäbe es einen Wettlauf, Macht und Moschee zu einen. Indes versäumt Berlin weiter eine Agenda des Antiislamismus und der Kopolitik mit Mittelost.  

   Daher stellen Kapitel zwei und drei die Islampolitik von Kaiser Wilhelm und Kanzler Hitler vor. Im Kern geht es darum, wie der Islamismus - im Pakt zwischen Deutschen und Osmanen sowie Islamisten und Nazis - in Afrika und Asien benutzt und kultiviert wurde. Dies führt auch zu dunklen Perioden im Islamismus wie den Genozid, so an Armeniern und Juden. Akteure und Ansätze waren in den beiden Weltkriegen ähnlich. Viel wird erstmals erhellt, etwa dass die prozionistische Judenpolitik Wilhelms II. half, den versuchten Genozid an Palästinas Juden zu vereiteln, indes seine Islampolitik den Genozid an Armeniern förderte.

   Im Zweiten Weltkrieg verhielt es sich anders. Der Achse zwischen osmanischen Islamisten und kaiserlichen Deutschen folgend, schlossen der Chefnazi Hitler und der Chefislamist al-Husaini, die beide im Ersten Weltkrieg verbündet waren, einen Genozidpakt gegen Juden in Europa und Mittelost ab. Wie es dazu im Schatten des japanischen Angriffs auf Pearl Harbour kam und wie Hitler dies früh und erfolgreich verschleierte samt Paktfolgen, wird gleichwohl im dritten Kapitel erhellt. Indem die Alliierten nicht auch Amin al-Husaini vor Gericht stellten und nicht die islamistischen Anteile dieser Geschichte aufhellten, legten sie die Grundlagen für weiteren Krieg und Terror in Mittelost, der vor allem Juden und liberale Muslime betraf. Die braun-grünen Netzwerke florierten zwischen Europa und Mittelost und führten zu einer anhaltenden Kette von Terroranschlägen auf Amerika, in Europa und in Asien.   

   Kapitel vier und fünf über Islamismus im Kalten Krieg und in der Globalära zeigt konkret, wie die braun-grünen Netzwerke zwischen den Amerikas, Mittelost und Europa fortwirkten. Hinzu kam der rote Einfluss auf Mittelost aus dem Sowjetreich und Osteuropa: hierbei festigte sich das totalitäre Wesen des Islamismus. Der Mix von islamistisch grünen, faschistisch schwarzen, nationalsozialistisch braunen und dann kommunistisch roten Strängen lebt heute im National- und Globalislamismus weiter, dessen Entfaltung wir eben in Mittelost erleben. Daraus wird eher eine Drehscheibe nach hinten als nach vorn.

   Daher erhellen die Kapitel sechs und sieben das aktuelle Revoltenjahr 2011 in den Hauptländern im Lichte der Beziehungsgeschichte mit Europa und Amerika. Das besetzte Afghanistan ist ausgespart, zumal es dort keine Revolte gab. Dafür rückte ich, von arabischen Ländern abgesehen, auch Iran in das Bild, zumal es von der deutschen Geschichte her mittelfristig die islamistische Revolte und den Multiplikator solcher Aufbegehren vorstellt, um die sich Berlin in den beiden Weltkriegen so sehr bemüht hat. Zudem sind in beiden Kapiteln die Länderfälle so behandelt, wie die Revolten ihren Lauf nahmen. Im Fokus standen naturgemäss auch Ägypten und Syrien, wobei auch die Revoltenarten erhellt wurden.

   Kapitel acht birgt die veröffentlichten und unveröffentlichte Millenniumsgespräche mit Bernard Lewis als historischen Hintergrund, der selbst schon wieder Geschichte ist oder Geschichte gemacht hat. Durch das Aufkommen der Islamisten in den Regierungen ist viel davon wieder aktuell. In den Kapiteln neun und zehn loten meine Kommentarauswahl über Kaiser und Kalif die Bücher von Bernard Lewis sowie seine Vita und sein Werk aus. Sein Leben und seine Beiträge erheben ihn zu einem Kronzeugen des 20. Jahrhunderts.

   Die Dokumente und Abbildungen illustrieren und unterlegen viel. Nicht wenige davon, meist aus der "deutschen Kollektion" im Amerikanischen Nationalarchiv II, Captured Enemy Property, und aus weltweit drei Dutzend weiteren Archiven, werden erstmals publiziert. Für die Kooperation danke ich Archivaren, darunter Lars Amelung, Ludwig Biewer, Birgit Kmezik, Oxana Kosenko, Martin Kröger, Lary McDonald, Cynthia Ostroff, Michael Petersen, Knut Piening, Christoph Stamm, Christiane Stegemann, Gabriele Teichmann und Dominik Zier. Dem Koordinator für Information Scott Koch in Washington und Caroline Lugato in Deutschland bin ich verbunden, die meine Anfragen des Freedom of Information Act in den U.S. National Archives für Bestände der Central Intelligence Agency samt Vorläufer und im Bundesarchiv für Bestände des Bundesnachrichtendienstes samt Vorläufer behandelt haben.

   Mir sind Privatsammlungen eröffnet worden. Besonders danke ich dafür Joseph W. Eaton, Maria Pawelke, Hannelore Grobba, Manfred G. Steffen, Julius Waldschmidt, Wolfgang Schwanitz und Vartkes Yeghiayan. Allen möchte ich danken, die mir Texte oder Auskunft gaben, darunter Wajih Abd as-Sadiq Atiq, Günter Barthel, Nina Berman, Xavier Bougarel, Michael Cook, Werner Ende, Joel Fishman, Sebastian Günther, M. Şükrü Hanioğlu, Jürgen Hell, Jeffrey Herf, Clemens Heni, Ulrich van der Heyden, Klaus Jaschinski, Rainer Karlsch, Efraim Karsh, Klaus Kreiser, Matthias Küntzel, Jacob M. Landau, Walter Z. Laqueur, Bernd Lemke, Astrid Ley, Jamal Malik, Sean McMeekin, Stefan Meining, Chantal Metzger, Götz Nordbruch, Uwe Pfullmann, Daniel Pipes, Barry Rubin, Wladimir J. Sacharow, Eckehard Schulz, Peter Sebald, Hans-Ulrich Seidt, Abd ar-Rauf Sinnu, Manfred Voigt und Matthias Uhl. Mein Sonderdank gilt Bernard Lewis. Meinem Berliner Verleger Wolfgang Weist danke ich für ein Jahrzehnt der fruchtbaren Kooperation.

   Mittelöstliche Wörter werden hier leserfreundlich in einer dem oralen Sprachgebrauch angepassten leichten Version ohne diakritische Zeichen umschrieben. Das bezieht assimilierte Artikel ein. Auch werden laut Duden eingedeutschte Begriffe oder ihre englische Angleichung benutzt. Näheres bergen Wikipedia-Einträge zu Regionalsprachen wie Arabisch. Sie sind empfehlenswert, zumal sie meist die volle Version nach den Regeln der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, auf deren Initialwort DMG folgend, benennen.

   Für Genehmigungen danke ich allen Betreffenden, darunter "Die Welt". Der Leser mag auch weiterführende Beiträge in meinen Wikipediaseiten oder auf meiner Website einsehen. Daher durfte ich auf die sonst üblichen vielen bibliographischen Daten verzichten. Und was wäre dieses Buch ohne familiäre Begleitung? Ich danke herzlich Monika, Timothy W., Katja, Margot, Wolfgang und Volkmar Schwanitz, Anja und Christian Lein, Karl, Inge, Erika und Thomas Vogel. Sie haben meine gelegentliche geistige Abwesenheit ertragen und ihren Humor bewahrt.

 

Wolfgang G. Schwanitz                                                             

Pemberton, New Jersey im März 2013