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Rindfleisch, Hans, Jochen / Thiel, Rainer

Erfinderschulen in der DDR. Eine Initiative zur Erschließung und Nutzung von technisch-ökonomischen Kreativitätspotentialen in der Industrieforschung - Rückblick und Ausblick

trafo verlag 1994, 127 S., zahlr. Tab. und Abb., ISBN 3-930412-23-3, 9,80 EUR

 

Erfinderschulen setzen auf die Lehr- und Trainier-barkeit erfinderischen Denkens und erfinderischen Handelns. Beides ist gefragt in unserer Zeit des technischen Wandels und des wachsenden Innovationsdrucks. Angesichts der vielfältigen Anforderungen in Entwicklung und Produktion wird Erfinden immer mehr zu einer Voraussetzung für Innovation und Rationalisierung. Aus dem Bedarf an projektorientierter, kreativitätsfördernder Methodik entstand in den 70er Jahren in der DDR der Anstoß, eine eigenständige Erfindungsmethodik zu entwickeln und Erfinderschulen einzurichten. Ihre Zielgruppe waren mittlere Fach-und Führungskräfte sowohl aus der Industrieforschung wie aus den produzierenden Bereichen der Kombinate.

Die Initiatoren schlugen damit einen unkonven­tionellen Weg in der beruflichen Fortbildung ein. Mehr als 300 erfolgreiche Erfinderschulen und Erfindewerkstätten bestätigen die Notwendigkeit dieser Arbeit.

Diese Studie beschreibt Ziele und Wege, Methoden und Praxis der Erfinderschulen in der DDR. Sie fragt nach den Perspektiven, die sich aus den aktuellen Entwicklungsbedingungen ergeben und zeigt Anknüpfungspunkte auf für die Gestaltung kreatiyitätsfördernder Formen der Bildung und Qualifikation in unserer Zeit.

 

 

Inhaltsverzeichnis

Seite

Vorwort................................................................................................................................ 11

I Hintergründe, Ziele und Wege der Erfinderschulen.........................15

1 Die Erfinderschulen aus Gründersicht..................................................................15

1.1 Keine staatliche Weisung..............................................................................15

1.2 Kein verbrieftes Lehrrecht............................................................................16

1.3 Der Ingenieurverband als Tummelplatz für Startwillige...........................17

1.4 Methodologie und Schöpfertum. Interdisziplinäre Initiativen...................18

1.5 Erfinderschulen sollen etwas Handfestes sein............................................19

1.6 Bremsende Einflüsse. Der Heuristik-Horror...............................................20

1.7 Erfinden und Erfinder in der öffentlichen Meinung...................................22

1.8 Der Anstoß aus der Wirtschaft......................................................................23

1.9 Der Ingenieurverband als Gründerparkett und das Patentamt als Gründerpate........................................24

2 Rahmenbedingungen der Erfinderschulen in den 80er Jahren...........................26

2.1 Das gesellschaftliche Ansehen der Erfinder in der DDR - formale und informelle Indikation.......................26

2.2 Freiräume, sachbedingte Hürden und Animationspunkte der Erfindertätigkeit........29

2.3 Einfluß des Themencharakters und der Themenvorbereitung auf die erfinderische Aktivität..............................30

2.4 Erfinden in der DDR als Form menschlicher Selbstverwirklichung ..............................................................30

3 Die Erfinderschulen auf dem Weg in die Wirtschaft.............................................32

3.1 Zum Eintritt in die Kombinate: Erfinderschulen vom einstufigen zum mehrstufigen Prozeß.....................32

3.2 Erwartungen von Direktoren. Überraschungen und partielle Erfüllung...................................................33

3.3 Erfinderschulen und das untere Management............................................37

4 Erfinderschulen in den Kombinaten......................................................................38

4.1 Innovationspolitische Enge der DDR-Wirtschaft und die Erfinderschulen in den Kombinaten....................38

4.2 Das Hauptproblem der Erfinderschulen in der realen Wirtschaft der DDR...............................................40

4.3 Sozialistisches Sozialbewußtsein und sein Einfluß auf die Erfindertätigkeit ..............................................41

4.4 Patentanmeldungen aus Erfinderschulen...................................................41

4.5 Veränderung von Verhaltensstrukturen......................................................42

4.6 Sozialstatistik der Erfinderschulen..............................................................43

4.7 Die Motivation der Erfinderschulteilnehmer..............................................44

4.8 Erfinderkönnen und Expertenwissen..........................................................45

5 Neuererbewegung, Messe der Meister von Morgen und Jugendforscherkollektive - eine "Konkurrenz" der Erfinderschulen?..........45

6 Aus der Praxis im Kombinat zu bildungspolitischen Fragestellungen................48

6.1 Die Entwicklung der Erfinderschulen und die Entwicklung ihres Begriffssystems.........................48

6.2 Bildungspolitische Rahmenbedingungen für die Arbeit................................49

6.3 Differenzierung und Zusammenfassung der Ausbildungsdefizite aus Trainersicht..........................50

7 Die Partei- und Staatsführung zu den Erfinderschulen.......................................51

II Methodik und Praxis der Erfinderschule...........................................53

1 Methode und Innovation in der Planwirtschaft....................................................53

2 Der methodologische Auftrag der Erfinderschule.................................................56

3 Die Philosophie der Erfinderschule........................................................................57

4 Erfindungsmethodik als Lehr- und Trainingsgegenstand der Erfinderschule..............59

4.1 Die Problemfeldebenen beim widerspruchsorientierten Erfinden.............59

4.1.1 Die technisch-ökonomische Problemfeldebene............................................59

4.1.2 Die technisch-technologische Problemfeldebene.........................................60

4.1.3 Die technisch-naturgesetzmäßige Problemfeldebene..................................60

4.2 Die Arbeitsmittel der Erfindungsmethodik..................................................61

4.2.1 Strategische Arbeitsmittel widerspruchsbewußten Erfindens...................62

4.2.2 Taktische Arbeitsmittel für den Erfinder.....................................................66

4.2.3 Kreativitätstechniken für das Erfinden im Team........................................67

5 Die Didaktik der Erfinderschule........................................................................68

5.1 Der Unterrichtsgegenstand...........................................................................68

5.2 Die Persönlichkeit des Trainers....................................................................72

5.3 Die Trainingsgruppe......................................................................................74

6 Erfindungsmethodik in der betrieblichen F/E-Praxis...........................................78

 

III Perspektiven der Erfinderschule in der Marktwirtschaft..............82

1 Erste Erfahrungen in der Marktwirtschaft...........................................................82

2 Offene Betätigungsfelder für die Erfindungsmethodik.........................................83

3 Notwendige Modifikation der Erfinderschule........................................................85

4 Zielgruppen der Erfinderschule nach methodischen Aspekten............................86

5 Zielgruppen der Erfinderschule nach didaktischen Aspekten..............................88

6 Die Erfinderschule im Transformationsprozeß......................................................89

7 Möglichkeiten und Grenzen der Erfindungsmethodik im ideellen Wertschöpfungsprozeß eines technologieorientierten Unternehmens.................94

Literatur .........................................................................................................................98

Anlagen .......................................................................................................................101

 

Geleitwort des KDT-Präsidenten

In einer Industriegesellschaft stehen Ingenieure wie kaum ein anderer Berufsstand in der Verantwortung gesellschaftlichen Fortschritts. Denn Wohlstand und persönliche Entfaltungsmöglichkeiten sind heute enger denn je mit technologischen Entwicklungen verbunden, die in immer kürzer werdenden Zeitabständen grundlegende Veränderungen in Produktivität und Produktqualität hervorbringen.

Diesen vielschichtigen Innovationsprozeß mit seiner vom internationalen Wettbewerb ständig aufs neue angeregten Eigendynamik für Mensch und Umwelt nutzbringend zu gestalten, ist heute mehr denn je eine moralische Herausforderung an den Ingenieur. Um einer solchen Herausforderung gerecht werden zu können, muß er Technik nicht nur in Dienst, sondern auch in Frage stellen, mit Zielkonflikten umgehen und Widersprüche lösen können, Experte und zugleich Erfinder in einem professionellen Sinne sein. Erfinden als notwendiger Bestandteil der beruflichen Tätigkeit bedarf daher der Schulung, soll es nicht im Gestrüpp von Versuch und Irrtum hängenbleiben oder unter einem Massiv von Fachdaten ersticken.

In der Studie wird ein Stück Geistesgeschichte der DDR beschrieben, die sich in Freiräumen weitgehend autonomer technisch-wissenschaftlicher Gemeinschaftsarbeit Branchen und Fachdisziplinen übergreifend entfalten konnte. Hierfür gab die Kammer der Technik als die Ingenieurorganisation der DDR mit ihren Fachgremien und Sekretariatsbereichen sowie ihren bis in die Betriebe hinein verzweigten regionalen Strukturen die organisatorische und logistische Infrastruktur. Zusammen mit Geisteswissenschaftlern haben hier methodisch interessierte, innovationsbewußte Ingenieure und Naturwissenschaftler aus der Industrieforschung nach Wegen gesucht, ihre Erfahrung als Erfinder und Neuerer an ihre Kollegen weiterzugeben. Daraus ging die Erfinderschule hervor.

Die im Verlaufe ihrer Entwicklung entstandene einzigartige Erfindungsmethodik und die bei ihrer Vermittlung gesammelten didaktischen Erfahrungen sind ein geistiges Gut, das der ingenieurtechnische Verband KDT in der kürzlich gegründeten Gesellschaft für Erfinden, Innovation und Zukunftsaufgaben pflegen und weiter entwickeln will. Als gemeinnütziger Verband sind wir bereit, mit allen Gesellschaften und Institutionen hierbei freimütig zusammenzuarbeiten, die sich die Stärkung der Innovationskraft des Wirtschaftsstandorts Deutschland durch unkonventionelle, kreativitätsfördernde Formen der Bildung zum Ziel gesetzt haben.

Möge die Studie hierbei Brücken schlagen.

Dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft spreche ich meinen Dank für die Förderung des Vorhabens, den Mitgliedern des I.S.I.S. e.V. meine Anerkennung für die wertvolle Arbeit im Dienste der geistigen Vereinigung Deutschlands aus.

Ingenieurtechnischer Verband KDT Der Präsident

Prof. Dr. Ing. habil. Peter-Klaus Budig

 

Geleitwort des DABEI-Präsidenten

Als Vorsitzender der Deutschen Aktionsgemeinschaft Bildung-Erfindung-Innovation (DABEI) begrüße ich die vorgelegte Untersuchung zur Arbeit der Erfinderschulen. Mit dieser Schrift legen die Autoren eine Ausarbeitung vor, die die DABEI-Dokumenta-tion "Erfahrungen mit Erfinderschulen" von 1993 in wichtigen handlungsorientierenden Details vertieft und ergänzt.

Die Deutsche Aktionsgemeinschaft DABEI verfolgt nicht erst seit der "Wende" im Jahre 1989, sondern schon seit ihrer Gründung im Deutschen Museum 1982 das Ziel, durch Maßnahmen auf den Gebieten Bildung, Erfindung und Innovation darauf hinzuwirken, daß die deutsche Bevölkerung ihre kreativen Fähigkeiten verstärkt entwickeln, voll entfalten und zum Wohle aller einsetzen kann. Auf diesem Gebiet haben die Erfinderschulen wichtige Voraussetzungen geschaffen.

So war es im Herbst 1989 konsequent, daß namhafte Erfinderschulakteure sofort mit DABEI Verbindung aufnahmen, daß DABEI bald wie selbstverständlich auch in den neuen Bundesländern zu Hause war und daß es in DABEI niemals einen spürbaren Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland gegeben hat.

Die Tatsache, daß nunmehr so schnell nach der 1993 erschienenen, auf zeitgeschichtliche Authentizität angelegten DABEI-Dokumentation "Erfahrungen mit Erfinderschulen" diese mehr auf Professionalität beruhende Studie aus der Feder erfahrener Erfinderschul-Protagonisten vorliegt, hat vor allem auch für die aktuelle Diskussion über den "Innovationsstandort Deutschland" wichtige Konsequenzen.

Sie enthält einerseits wertvolle Erkenntnisse über zukünftige Aktivierungsmöglichkeiten des Arbeitnehmer-Erfindertums, des Betrieblichen Vorschlagwesens und der Qualitätssicherung in den deutschen Unternehmen. Zum anderen werden die Erfahrungen aus der Erfinderschularbeit — insbesondere die der Moderatoren- und Trainerarbeit — dort außerordentlich nützlich sein, wo der von DABEI propagierte "Technologie- und Innovationsverein" (TIV) als neue Form außerschulischer Kreativitätsförderung — neben Musikschulen und Sportvereinen — auf den Weg gebracht wird.

Dank auch aus diesen Gründen an die Hauptautoren dieser Arbeit, die DABEI-Mitglie-der Hans-Jochen Rindfleisch und Rainer Thiel! Sie untermauern mit ihrer Untersuchung die wichtige DABEI-These, daß landläufige Vorstellungen über den Erfinder in der Öffentlichkeit dringend der Korrektur bedürfen, daß professionelle erfinderische Arbeit nur als ein sehr konkretes Problemlösen aus tiefgründigen Analysen technisch-ökonomischer Evolutionsprozesse und Zielkonflikte zu verstehen ist und daß das Prädikat "kreativ" in seinem Anspruch wesentlich höher und umfassender angesetzt werden muß.

In diesem Sinne haben die Autoren mit ihrer Arbeit noch ein weiteres Verdienst: Einem breiten Publikum, welches vom Erfinden nicht selten recht kuriose Vorstellungen hat, wird Durchsichtigkeit angeboten. Dargereicht wird ein Bild, das den Erfinder nicht nur als Schöpfer origineller Konsumartikel — und schon gar nicht als Autor von Kuriositäten entsprechend den Klischees der Regenbogenpresse — zeigt. In diesem Werk erscheint der Erfinder als der, der er wirklich ist, als der Gestalter von Produkten und Verfahren, als Schöpfer der hunderttausendfach diversifizierten Maschinen und Geräte, aber auch als

Konverter der Technik in Richtung auf eine immer mehr menschengerechte und ökologisch verträgliche Produktion.

Ein Wort des Dankes schließlich an den Bundesminister für Bildung und Wissenschaft! Er hat mit seiner Förderung der Arbeit ein besonderes Zeichen gesetzt. Denn letztlich geht es in diesem Werk nicht nur um die Stärkung der Innovationskraft in den Unternehmen. Es geht auch um mehr Verständnis für technisch innovative Jugendarbeit, um mehr kreative Problemlösungsfähigkeit und damit vor allem um bessere Voraussetzungen für eine offene, chancenreich gesicherte Zukunft.

Bonn, im Februar 1994

Deutsche Aktionsgemeinschaft Bildung-Erfindung-Innovation DABEI Der Präsident

Dr. Matthias Heister